Warum braucht es uns? Ein Interview mit der Klimaliste RLP

Wieso tretet ihr zur Landtagswahl an? Die Grünen stehen doch bereits für das Klima ein.

Unser Wahlprogramm richtet sich am Pariser Klimaabkommen und dem 1,5-Ziel aus. Wir machen damit ein demokratisches und wissenschaftliches Angebot zu dessen Einhaltung– denn das existiert momentan leider nicht. Keine andere Partei oder Wähler*innenvereinigung hat wie die Klimaliste genaue Treibhausgasbudgets für die einzelnen Sektoren berechnet. Diese Berechnungen sind der einzige Weg zur Einhaltung des Abkommens und der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5-Grad. Momentan steuern wir auf eine Erwärmung von 3-4 Grad zu; mit dem Plan der Landesregierung peilen wir 1,9 Grad an – mit 50%iger Chance. (siehe oben)

Damit ist das Pariser Klimaabkommen („deutlich unter 2 Grad“) nicht eingehalten. Das Risiko, gefährliche Kipppunkte zu überschreiten, ist bei einer solchen Erwärmung enorm: Ein weiterer globaler Temperaturanstieg würde sich gar nicht mehr aufhalten lassen.

Es ist daher jetzt wichtig, endlich mit faktenbasierter Politik zu beginnen. Wir wollen uns nicht mehr auf Programme von Parteien verlassen, die uns seit Jahren etwas versprechen, aber kaum das eigentlich Notwendige umsetzen und stetig mit ihren eigentlichen Grundsätzen brechen.

Das beste Beispiel für das Problem bietet der einzige grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Nach Jahrzehnten wissenschaftlicher Forschung und Warnung und dem jahrelangen, massenhaften Protest der Fridays for Future, die lediglich das Einhalten des Pariser Klimaabkommens einfordern, spricht er von einem "diffusen Druck", dem er "nicht folgen" kann. (https://www.deutschlandfunk.de/das-wochenendjournal.1664.de.html vom 6.3. ab 35:54) Dem setzen wir ganz konkrete politische Maßnahmen entgegen, die jeder in unserem Klimaplan nachlesen kann und wissenschaftlich fundiert sind. Das ist ein völlig anderer politischer Ansatz.


Ist die Stimme aller Wähler*innen verloren, solltet ihr nicht über die 5%-Hürde kommen? Unterstützt ihr damit nicht Parteien, die kaum etwas für den Klimaschutz tun wie beispielsweise die CDU oder AFD?

Einer unserer stärksten Gründe für den Antritt ist es ebenso, Klimaschutz und Klimaanpassung stärker in den politischen Diskurs zu bringen und damit zu erreichen, dass insgesamt mehr Menschen fürs Klima abstimmen. Dass dies der Fall ist, zeigt uns das Beispiel aus Erlangen: Ohne Klimaliste erhielten die Grünen bei der Wahl 2014 8 Sitze im Stadtrat; nach dem Antritt der Klimaliste im Jahr 2020 hat der Klimaschutz ganze 5 Sitze dazugewonnen. (Grüne – 11, Klimaliste – 2). Genaueres ist hier nachzulesen. Demnach stärken wir andere klimafreundliche Parteien.

Außerdem hilft uns tatsächlich jede Stimme: Alle Parteien und Wähler*innenvereinigungen bekommen Mittel vom Staat. Aber nur, wenn diese bei der letzten Wahl über einen Prozent der Stimmen erhalten haben.  Mit jedem Kreuz für die Klimaliste erhöht sich die spätere finanzielle Förderung. Erst mit genug Stimmen  erhalten wir auch die nötige Finanzierung, um auch nach der Wahl weiter für ehrlichen Klimaschutz kämpfen zu können. Wer uns wählt, hilft uns also unabhängig von der 5%-Hürde dabei, unsere politische Arbeit zu finanzieren und so Klimapolitik weiter in den Diskurs einzubringen.

Wir müssen beginnen, Ignoranz und Tatenlosigkeit Fakten entgegenzusetzen und den gesellschaftlichen Kurs so zu verschieben, dass Faktenverkennende als offensichtlich nicht in der Lage, fähig und situationsgerecht zu entscheiden, entlarvt werden. Jede Stimme für uns zeigt, dass Klimapolitik wichtig ist und ein Wählerpotential in diesem Bereich existiert.

Keine Prozente sind verloren – jede Stimme unterstützt unsere Sache!

Aber wenn ich wirklich sicher für mehr Klimaschutz stimmen will, dann gebe ich meine Stimme doch trotzdem lieber den Grünen, oder?

Leider nicht unbedingt - denn erstens sind die Grünen schon seit zehn Jahren in der Landesregierung und wir haben gerade mal 5% unseres Treibhausgasausstoßes verringert. Von echtem Klimaschutz können wir da leider nicht sprechen. Außerdem sind Stimmen für die Klimaliste sind auch in anderen Hinsichten eine Stärkung wissenschaftlicher Politik und des Klimaschutzes:

Zum einen eine Motivation für andere Klimalisten, aktiv in den Wahlkampf mit einzusteigen. Wenn wir es als Klimaliste Rheinland-Pfalz nicht in den Landtag schaffen, schafft es vielleicht eine andere - oder in Stadträte, wie bereits in Erlangen (Klimaliste Erlangen) oder Kempten (FutureForKempten). Genaueres ist hier nachzulesen.
Zum anderen ein Weckruf für die Grünen und andere Parteien, die Stimme der Wissenschaft endlich zu berücksichtigen. Die Themen Klimaschutz und Klimaanpassung müssen auf der politischen Agenda schnellstmöglich höher priorisiert werden.

Auch der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag Rheinland-Pfalz ist der Meinung, dass unser Klimaplan in die Politik der Landesregierung einfließen muss. (Twitter) Damit haben wir jetzt schon viel bewegt.

Der Ausgang einer Wahl bleibt bis zum Ende natürlich immer offen: Wir haben die Chance, in den Landtag zu kommen und dort auch in einer Regierung sogar die Klimaschutzbremse FDP abzulösen.


Das stimmt. Aber angenommen, ihr schafft es nicht in den Landtag – wie geht es dann weiter? Was werdet ihr, was werden eure Unterstützer*innen tun?

Es gibt viele andere Wege, die Klimaliste und ihr Anliegen zu unterstützen: Unser Programm lesen und die darin enthaltenen Vorschläge und bisher noch weitgehend unbekannten Maßnahmen und Möglichkeiten in den gesellschaftlichen und politischen Diskurs bringen.
Kritische Fragen an Politiker*innen stellen, dem Pariser Abkommen, der Wissenschaft eine Stimme geben. Sich mit wissenschaftlichen Studien und Artikeln auseinandersetzen und sie verbreiten. Klimaentscheide unterstützen und sich vernetzen. Gegen Fehlentscheidungen und den aktuellen Kurs protestieren – im Netz und auf der Straße. Denn handeln müssen wir so schnell wie möglich: Unser Treibhausgasbudget für die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad ist im Jahr 2025 aufgebraucht, wenn wir so weitermachen wie bisher. Wir verstehen uns als politischer Arm der Klimabewegung und werden daher selbstverständlich unabhängig vom Ausgang der Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz weiterhin aktiv bleiben, uns vernetzen und für Klimaschutz einstehen.


Links:
Unser Wahlprogramm
FAQ der Klimaliste Baden-Württemberg
Temperaturanstieg der Politik der Landesregierung Rheinland-Pfalz